Wir haben Fachkräftemangel in Deutschland (wenn wohl auch nicht flächendeckend). Deswegen willst du als Personaler sicher auch so viele qualifizierte Bewerber wie möglich magisch anziehen und freie Stellen in deinem Unternehmen besetzen. Hierzu gibt es abertausende Ratgeber im World Wide Web. Moment mal … du möchtest in Wirklichkeit doch niemanden überzeugen, bei euch zu arbeiten und empfindest diese Mengen an Bewerbungen, die du bearbeiten musst, als absolute Zumutung? Dann habe ich (aus Bewerbersicht) den ultimativen Ratgeber für dich, wie du auch hartnäckige und motivierte Bewerber sicher loswirst – in zehn einfachen Schritten.
Gestalte deine Stellenbeschreibung so schwammig, dass selbst Spongebob sich darauf bewerben könnte.
Verwirrung ist der erste Schritt zur Abschreckung all jener fähigen Menschen, die sich für eine Position in deinem Unternehmen bewerben wollten. Bevor sie aus der Stellenbeschreibung so wenig schlau wurden, dass sie doch lieber Abstand nehmen. Für hartnäckige Fälle beachte alternativ Schritt 2.
Schreibe eine Liste von Anforderungen, die den Wunschzettel eines Grundschulkinds um Längen übertrifft.
Soll es die eierlegende Wollmilchsau sein – oder doch gleich der fliegende Elefant mit Fischschwanz und hervorragenden Bergsteigerqualitäten? Je länger und utopischer deine „Wunschliste“ ist, desto weniger lästige Bewerber trauen sich, diese Herausforderung anzunehmen.
Baue so viele Hürden beim Einreichen notwendiger Bewerbungsunterlagen ein wie möglich.
Eine professionelle Bewerbungsmaske auf der Website für die schnelle Eingabe von Kontaktdaten und den Blitzupload aller relevanten Dateien? Also echt, das funktioniert nur, wenn du Bewerber gewinnen willst, aber keinesfalls zur Abschreckung. Mache es potenziellen Nutzern also so schwierig wie möglich, lasse sie zusätzlich zum Lebenslauf noch zwei Stunden lang alle Daten zum Werdegang noch einmal manuell eingeben. Ganz wichtig: Dabei nur ganz wenige Dateiformate zulassen und die zulässige Dateigröße limitieren! Das zusätzliche Konvertieren und Komprimieren von Dateien mit externen Tools sorgt für die nötige Portion Extrafrust. Die meisten Bewerber steigen aber spätestens dann aus dem Verfahren aus, wenn dies absichtlich eingebaute Schwachstellen hat und ständig nach der Dateneingabe abstürzt. Dieser Trick nennt sich im Fachjargon mancher Branchen übrigens "geplante Obsolezenz".
Floskeln, Baby!
Da du ja sowieso niemanden einstellen möchtest und einen feuchten Schwamm darauf gibst, warum du zahlreichen Kandidaten absagen „musst“, sind bis zur Unkenntlichkeit durchgekaute Floskeln bei Absagen dein Freund. Lobe die Qualifikationen und den Einsatz der Bewerber am besten zuerst in den Himmel und lasse sie dann ganz tief auf den steinigen Boden der Realität abstürzen, ohne nachvollziehbare Gründe zu nennen. Spiel einfach „Karrieregott“ und spiele mit ihrer Hoffnung – das tut weh. Im Zweifel kannst du dich hier ja immer noch auf das Argument des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) berufen.
Schweigen, bis die Ghostbusters kommen.
Noch einfacher als falsch rührselige Standardmails teils ohne korrekte persönliche Anrede zu versenden ist es jedoch, einfach gar nicht zu antworten und alle im Ungewissen zu lassen, ob die Stelle überhaupt existiert. Beim perfekten Bewerberghosting stellst du irgendwann so alle lästigen Subjekte, die es wagen, bei euch arbeiten zu wollen, vor eine berechenbare Wahl… Die Ghostbusters rufen (also teuer und aufwändig) oder aber resigniert abwinken und dem Spuk so ein Ende bereiten.
Mache das erste Kennenlernen zum peinlichen Verhör.
Interne Unternehmensvereinbarungen zwingen dich dazu, gegen deinen Willen einige dieser unsäglichen Subjekte zu einem „Kennenlerngespräch“ einzuladen, denn sonst würde ja jeder merken, dass die gesamte Stellenausschreibung ein Fake ist? Herzliches Beileid! Allerdings kannst du auch hier deine Chance nutzen, so viele wie möglich von eurem heiligen Firmengrund zu vertreiben. Mach es einfach wie die spanische Inquisition und stell ihnen so viele unangenehme Fragen wie möglich. Kritisiere ihren bisherigen Werdegang als komplett irrelevant, frage gezielt und ausschließlich nach den Kompetenzen, die sie (noch) nicht mitbringen und nimm jede noch so kurze Lücke in ihrem Lebenslauf auseinander. Von vielen wirst du nie wieder hören – versprochen.
Zermürbe sie alle!
Manche Bewerber sind einfach zu hartnäckig, um einfach zu gehen und nie wieder zurückzukehren? Oder noch schlimmer – andere in der Firma finden, sie haben „Potenzial“ und „passen gut ins Team“? Dann wird es Zeit für die klassische Zermürbungstaktik. Erhöhe einfach die Hürden noch einmal im laufenden Prozess. Fachliche Fragen? Werden selbstverständlich in einem Extratermin namens „Fachgespräch“ geklärt. Gefolgt von einem Assessment-Center, in dem mehrere Unternehmensvertreter den Eindringling so zermürben, dass dieser nie wieder einen Fuß aufs eigene Territorium setzen sollte. Hier gilt: Viel hilft viel. Je mehr psychischen Druck in mehreren Runden ihr aufbaut, desto mehr werden „einknicken“ und das Feld freiwillig verlassen.Vielleicht, weil sie auch schlicht in der Zwischenzeit einen anderen Job mit einem einfacheren Bewerbungsverfahren und weniger Stress gefunden haben. Aber das ist ja dann nur gut für euch – „Weicheier“ könnt ihr eh nicht gebrauchen.
Auch Ironman und Catwoman haben Schwächen.
Unter den zahlreichen Subjekten, die sich eurer Firma dienlich zeigen wollten, haben sich tatsächlich einige herauskristallisiert, die dank Superkräften eure bisherigen Schikanen überstanden haben? Herzlichen Glückwunsch, würde man normalerweise sagen, doch in eurem Fall eher: Oh nein! Da gibt es nur eins – die „Sieger“ der harten Bewerbungschallenge zu ein paar Tagen Probearbeit einladen und dann äußerst kritisch und misstrauisch jeden ihrer Schritte und Handgriffe beäugen. Vergiss nie,zu erwähnen, wie „verantwortungsvoll und schwierig“ die potenzielle Aufgabe ist. Komm aber bloß nicht auf die Idee, die Probearbeit zu bezahlen, ohne die Betroffenen vorher mit einem Anwalt drohen zu lassen.
Ändere die Spielregeln.
Alternativ zur Abschreckung durch Probearbeitsterror oder danach kannst du natürlich weiterhin eine weitere fiese Taktik anwenden – die „Restrukturierung und Neuausschreibung“ von Stellen. Natürlich geht das nicht allein – da braucht es schon ein paar Manager und Fachabteilungen, die mitziehen und urplötzlich nach dem ganzen Marathon merken, dass sie die Anforderungen doch noch einmal „einer Prüfung unterziehen und neu ausrichten müssen“. Was du aber aktiv dafür tun kannst, ist, durch geschickte Fragen und Kommentare Zweifel zu säen.
Beschwere dich – und zwar lauthals!
Da nun aus x Bewerbungsrunden keine Bewerber mehr übrig sind, die zu 150 % auf die alten oder neuen Anforderungen deines Unternehmens passen, tue einfach, was alle frustrierten HR-Experten und Manager zurzeit tun … Stimme lauthals in das Klagelied über den gravierenden Fachkräftemangel mit ein. So kommt wenigstens niemand auf die Idee, dass ihr selbst eine Mitschuld daran tragen könntet, kein passendes Personal zu finden. Last and least: Beobachte auch eure Profile auf Bewertungsplattformen wie kununu und lasse negative Bewertungen von abgelehnten Bewerbern diskret „verschwinden“. Show must go on – und unbequeme subjektive Wahrheiten sind nun wirklich ein Showstopper.
Eigentlich überflüssig zu erwähnen, aber ich tue es zur Sicherheit trotzdem … Natürlich enthält dieser Post nicht nur Spuren von Sarkasmus. Und ich möchte auf keinen Fall alle Unternehmen dieser Welt schlecht reden – viele Führungskräfte und Recruiter machen einen tollen Job und sind wirklich wunderbare Menschen. Wenn euch dieser Text aber zum Lachen gebracht hat, drehe ich gerne den Spieß beim nächsten Versuch um – und nehme auch unsägliche Bewerber ein wenig aufs Korn. Egal, auf welcher Seite ihr gerade steht – lasst euch nicht entmutigen oder ärgern!
Bevor ihr geht … Was war euer bisher seltsamstes Erlebnis in einem Bewerbungsprozess?
Viele Grüße, eure Cat
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