Wie wütend muss man sein, um die eigenen Fäkalien in einem Kuchen zu verbacken und diesen Kuchen einer Person zu geben, die man hasst? Eine sehr komische Frage, die jedoch in „The Help“ (2011) den Startschuss für eine „leise Frauenrevolte“ in Jackson, Mississippi, darstellt. Minny, die unrechtmäßig entlassene und als Diebin diffamierte Haushaltshilfe der arroganten Hilly Holbrook, ist jedenfalls mächtig sauer und gibt ihrer früheren Arbeitgeberin das zurück, wie diese sie behandelt hat … Was das ist? Nun ja! Aber Minny Jackson ist nicht die Einzige, bei der es unter der Oberfläche brodelt, da geht es ihr wie allen afroamerikanischen „Dienstmädchen“, die in Privathaushalten unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten (müssen). Denn Verbot der Sklaverei hin oder her – die Rassentrennung in den Südstaaten existiert in den „Swinging Sixties“ unangefochten und jeder, der sich kein Haus leisten kann, muss von seinem Lohn Miete zahlen.
Von schwarzen Frauen und weißen Babys
Die Lebensrealität afroamerikanischer Frauen ist in den 1960er Jahren zugleich ein Geheimnis und ein Tabu. So präsent sie in den wohlhabenden Haushalten der Südstaaten auch sein mögen, kaum spricht offen über ihre Weltsicht, nicht einmal die Hausangestellten selbst. Denn wer absichtlich oder unabsichtlich seine Arbeitgeber in Frage stellt oder gar kritisiert, findet sich schnell in einem Armutsviertel oder im Gefängnis wieder. So geht es auch Yule Mae, Aibileen, Minny, Cora und allen Dienstmädchen der selbsternannten „High Society“ von Jackson, Mississippi. Sie schweigen über ihre Schicksale – aus Angst. Solange, bis Eugenia Phelin alias Skeeter ein Buch über Dienstmädchen „hinter den Kulissen“ schreiben will und darauf besteht, all diese Geschichten zu hören. Gerade vom Studium zurückgekehrt, denkt sie nicht ans Heiraten, sondern hat eine Karriere als Journalistin und Schriftstellerin vor Augen.
In einer Gesellschaft, die weiße junge Frauen als „Brutstätten für die weiße Rasse“ betrachtet, ist das ein durchaus gewagtes und unübliches Ziel. Doch zu Skeeter später mehr und zurück zu Aibileen und Minny. Diese beiden Frauen erzählen nämlich zuerst ihre Geschichten. „Ich habe in meinem Leben 15 weiße Babys großgezogen“, gibt Aibileen an. Zu ihrem Werdegang ergänzt sie: „Ich bin Dienstmädchen geworden, weil meine Mutter Dienstmädchen war. Meine Großmutter war Haussklavin. Wir arbeiten für ein paar Dollar in der Woche bei den weißen Ladys. Putzen, kochen, machen ihre Wäsche, halten das Haus in Ordnung. Vor allem aber ziehen wir ihre Kinder groß!“.
Und mit Kindern umgehen kann sie – Ihr Schützling Mae Moblie Leefolt wird an einem Punkt in der Handlung zu ihr sagen: „Aibie, du bist meine richtige Mama!“. Ihren eigenen Sohn oder zumindest eines ihrer Kinder hat sie im Erwachsenenalter an einen Arbeitsunfall und unzureichende medizinische Fürsorge verloren. „Der weiße Vorarbeiter hat ihn auf die Ladefläche geworfen, zu einem Farbigenkrankenhaus gefahren, dort vor die Tür gelegt und kurz gehupt. Dann ist er weggefahren. Sie konnten nichts mehr für ihn tun, also habe ich mein Baby nach Hause geholt. Er ist in meinen Armen gestorben.“ Seitdem sei ein „dunkler Samen in ihr aufgegangen“ und sie könne viele Dinge nicht mehr so hinnehmen. Auch von Minny erfährt man, dass sie mit 14 Jahren aus der Schule geholt wurde, um ihrer Mutter beim Geldverdienen zu helfen. So wird es auch ihrer 14-jährigen Tochter Sugar später ergehen, da Minnys Ehemann gewalttätig ist und offenbar nicht in der Lage, seine Familie selbst ausreichend mitzuversorgen.
Arme reiche Mädchen
Wenn Hilly Holbrook oder Elizabeth Leefolt die Notwendigkeit separater „Personaltoiletten“ für schwarze Dienstmädchen propagieren und Elizabeth ihre Tochter immer wieder ignoriert, lächerlich macht oder sogar schlägt, kann man kaum anders, als die beiden aus tiefstem Herzen zu hassen. Ebenso wie Jolene French, die beim Wohltätigkeitsball scheinheilig verkündet: „Die Spenden werden ein großer Gewinn für arme Kinder in Afrika sein!“. Oder kann man doch anders? Vielleicht, wenn man die abgehobene High-Society-Clique um die geltungssüchtige Hilly, der zu Schulzeiten übrigens auch noch Skeeter angehört hatte, als die „armen reichen Mädchen“ betrachtet, die sie sind.
Hilly, Jolene und Elizabeth wachsen in wohlhabenden weißen und gutbürgerlichen Haushalten auf, von Geburt an umsorgt von dunkelhäutigen Nannys, die später zu ihren Angestellten werden. Selbstständige Lebensentscheidungen und eigens gefundene Ziele bleiben ihnen jedoch verwirrt. Als reiche „weiße Ladys“ in den ehemaligen Südstaaten wird von ihnen automatisch erwartet, nach der Highschool zu heiraten und zügig die „weiße Rasse“ mit menschlichem Nachschub zu versorgen. Ihr Leben in der „White Supremacy“-Blase verläuft strikt nach einem einfachen Schema und dreht sich um ein attraktives Äußeres, einen vorbildlich geführten Haushalt, Statussymbole und stets brave weiße Kinder. Schon klar, dass da irgendwann zwangsläufig Frustration und Langeweile das Tagesgeschehen bestimmen. Frustration, die sich in blindem „Charity-Aktionismus“, sinnlosen Kleinkriegen und Eifersüchteleien untereinander (wie Hillys Kleinkrieg gegen Celia Foote) und nicht zuletzt leidenschaftlichem Rassismus entlädt. Man kann behaupten, dass Hilly Holbrooks letzter großer Auftritt im Film, rauchend und trinkend im Auto auf einem Rachefeldzug gegen Skeeter, nicht nur schauspielerisch episch ist. Sondern auch bezeichnend für das „wahre Gesicht“, das sich hinter einer makellosen Fassade verbergen kann.
Wie viele andere „Brutkästen“ der „White Supremacy“-Bewegung kämpft auch Elizabeth gegen eine postpartale Depression, die sie daran hindert, wirkliche Liebe für ihre „unperfekte“ Tochter zu empfinden. Während sie krampfhaft ihren Ruf als hervorragende Ehefrau und Mutter aufrecht erhält und ihr größtes Problem ist, „ob ihr Kleid selbst geschneidert aussieht“, hat Mae Moblie gar keinen wirklichen Bezug zu ihr. Damit ist das kleine pummelige Mädchen, das Aibileen immer liebevoll als „Babygirl“ bezeichnet, nicht allein. Tatsächlich trifft diese Wahrnehmung auch auf Skeeter zu - doch dazu später mehr. Skeeter bricht mit Traditionen – anstatt sich nach der Schule so schnell wie möglich zu verheiraten und Kinder zu bekommen, geht sie erst einmal studieren und strebt eine Autorenkarriere an. Für ihre krebskranke Mutter Charlotte ist das eine Gefahr für den Ruf der gesamten Familie, auch wenn sie Bildung grundsätzlich wichtig findet. „Ein Rendezvous würde dir nicht schaden, Eugenia, du wirst nicht jünger und deine Eizellen sterben ab!“, erinnert sie die junge Frau immer wieder an ihre „gesellschaftlichen Pflichten“. Skeeter lässt sich jedoch nicht von ihrem Weg abbringen und bricht letztendlich aus der provinziellen Südstaatentradition in Jackson aus, um als erfolgreiche Autorin in New York zu leben.
„Schwarzer“ Humor vs. „weißer“ Zynismus
„The Help“ lebt sowohl in Buchform als auch als Verfilmung von bissigem Humor, markigen Sprüchen und teils absurder Situationskomik. Ohne diese Elemente müsste man den Film wohl in die Kategorie „Drama“ einsortieren, betrachtet man das historische Setting zwischen Rassentrennung und Bürgerrechtsbewegung. Man könnte die Art Humor, die Minny, Aibileen und Co an den Tag legen, durchaus als „tiefschwarz“ bezeichnen … Wären ihre beiläufigen trockenen Kommentare und gesellschaftskritischen Sprüche nicht so „harmlos“ im Vergleich zu dem beißenden Zynismus, den der „Holbrook-Clan“ stellvertretend für „White Supremacy“ ganz und gar unabsichtlich verkörpert.
Wenn Minny Jackson ihre Tochter warnt: „Das Wichtigste: Schlag niemals die Kinder der weißen Ladys – das machen sie lieber selbst!“, dann spricht sie damit lediglich eine unbeliebte Tatsache der 1960er Jahre aus. Denn nur wenige Filmminuten später wird Elizabeth Leefolt genau dieses Klischee verkörpern. Absolut wahrheitsgetreu kommen auch die ironischen Statements von Aibileen rüber, wenn sie erzählt: „Viele junge weiße Ladys haben postpartale Depressionen. Das passiert eben, wenn Kinder Kinder bekommen. Und die weißen Ladys in Jackson bekommen viele Babys.“ Wirklich glücklich wirkt tatsächlich kaum eine weiße Hausherrin in Jackson – und auch viel zu sehr auf sich selbst bezogen, um eine wirklich liebevolle Bindung zu den eigenen Kindern aufzubauen.
Unbeabsichtigt komisch und absurd wirkt hingegen Hilly, die ihrer neuen Haushaltshilfe Yule Mae eine dringende Vorauszahlung für das College ihrer Söhne verwehrt. „Ich spreche als Christin und meine es nur gut. Die Fleißigen und Ehrlichen werden belohnt“, begründet sie die Ablehnung der Bitte mit scheinbar ehrenhaften Motiven. Wohlgemerkt, während sie perfekt geschminkt mit Lockenwicklern am Frühstückstisch sitzt und Yule Mae seelenruhig bei der Arbeit beobachtet und weiterhin Minny fälschlich als Diebin darstellt. Als Zuschauer*in denkt man nur: Wow, du hast echt Nerven.
Freundschaft kennt keine Hautfarbe
A propos Minny – die findet nicht nur in Skeeter eine ungewöhnlich hellhäutige Vertraute, sondern auch ausgerechnet in Celia Foote. Celia ist ihrerseits wegen eines dummen Zufalls in der Vergangenheit Hillys bevorzugter „Sündenbock“ für alles geworden und wird somit kategorisch aus dem elitären Zirkel der weißen Ladys ausgeschlossen. Celia ist hübsch, aber in ihrem Leben als Großgrundbesitzerin grundsätzlich überfordert. Ihre Naivität gegenüber Hillys „Schlangengrube“ bringt sie immer wieder in erniedrigende Situationen und sie leidet zusätzlich unter Unfruchtbarkeit und frühen Fehlgeburten.
Die resolute Minny nimmt sich also nicht nur des arbeitsreichen Haushalts der Footes an, sondern bringt Celia auch diverse Handgriffe und Tricks bei, um den Überblick zu behalten und sich selbst zu helfen. Nebenbei leistet sie ihr gern Gesellschaft und baut sie nach dem dritten Frühabort wieder auf. Celia hingegen tut etwas, das Hilly und ihre Clique wohl als „Skandal“ bezeichnen würden – sie ist bereit, von einer schwarzen Frau zu lernen und behandelt sie gleichwertig und mit Respekt. Schon bei Minnys erstem Besuch bietet sie ihr gleich in der Küche ein Getränk an, setzt feste Arbeitszeiten und einen vergleichsweise fairen Lohn fest. Und als Minny sie später dazu überreden möchte, nach Maßgaben der Rassentrennung im großen Esszimmer zu essen, weigert sie sich strikt. „Nein, ich esse sehr gern hier mit dir in der Küche. Ich weiß nicht einmal, warum ich ein Esszimmer für zwölf Personen habe, wenn sowieso nicht einmal zwei zu Besuch kommen.“ Hier schwingt natürlich auch immer die Einsamkeit mit, unter der Celia leidet.
Beschämt von den anderen weißen Damen in Jackson dafür, dass Hilly damals gern ihren Mann geheiratet hätte, schämt sie sich zusätzlich dafür, ihr eigenes Leben nicht im Griff zu haben. Deswegen soll ihr Mann Johnny auch anfangs nichts von Minnys Anstellung im Haus erfahren, was beide Frauen in unfreiwillig komische Situationen bringt. Celia ist die wahrscheinlich dankbarste Chefin, die Minny je hatte und hat ihr Wohlergehen im Blick. Als Minny eines Tages wieder mit Verletzungen aus ihrer gewalttätigen Ehe ankommt, kühlt Celia ihre Blutergüsse und verkündet: „Minny, ich weiß, dass du nicht hingefallen bist. Wenn das mein Mann wäre, hätte ich ihn schon rausgeworfen!“. In dieser Hinsicht zieht sie mit Skeeter gleich, die nicht nur Geschlechterklischees über Bord wirft, sondern entgegen aller Rassengesetze Aibileen in deren Wohnung besucht. „Ich hatte noch nie Besuch von einer weißen Lady“, bekennt jene, findet aber schnell Gefallen an dieser neuen Art von Freundschaft.
Mütter und Töchter – ein Generationentrauma
Neben den jungen Müttern und reichen Ladys aus Jackson lernen Zuschauer*innen auch die Vorgängergeneration kennen. Und man versteht, warum vor allem Skeeter und Hilly ein eher angespanntes Verhältnis zu ihren eigenen Müttern haben. Da ist die alte Mrs Walters, die ihre Tochter schallend auslacht, als diese in Minnys „Kuchenfalle“ tappt und sie auf dem Wohltätigkeitsball auf ähnliche Weise bloßstellt. Auch sonst scheint sie Hillys – zugegebenermaßen eher absurden – Maßnahmen für eine strikte Rassentrennung nicht sehr zugetan. „Dein Vater hat dich verdorben, Hilly“, pflegt sie bei jedem Konflikt zu sagen, blendet aber dabei aus, dass auch sie Hillys Erziehung weitgehend einer schwarzen Kinderfrau überlassen hat und offenbar nie in die Lage war, eine echte, empathische Bindung zu ihrer Tochter aufzubauen. Hillys Rache ist wie immer kalt und bitter – sie verbannt ihre Mutter kurzerhand in ein Seniorenheim. Und da gibt es Charlotte Phelin, die schon immer im Leben zwischen „Schein und Sein“ als gebildete Frau mit Respekt vor allen Menschen hinter einer Fassade der „reichen weißen Hausfrau“ gefangen war und diesen inneren Konflikt dauerhaft auf Skeeter überträgt. Eine Mutter, die ihre „vorbildhafte“ Schwiegertochter liebevoll auf die Stirn küsst und zeitgleich erklärt, dass die eigene Tochter durch ihre Unangepasstheit ihre Krankheit verschlimmert. Charlotte kämpft gegen den Krebs, erfolgreich zuletzt. Aber sie kämpft innerlich auch ständig gegen sich selbst. Das bekommt auch Skeeter zu spüren, durch eine Menge Spott getarnt hinter mütterlicher Sorge.
Das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter entspannt sich hier aber, weil Charlotte schließlich doch die Karrierepläne und das fortschrittliche Denken ihrer Tochter würdigt und ihre Wünsche ernst nimmt. „Zivilcourage überspringt manchmal eine Generation. Ich war noch nie so stolz auf dich wie heute“, erklärt sie Eugenia, bevor diese als frisch gebackene Bestsellerautorin nach New York geht. Über die Eltern von Elizabeth und Jolene erfährt man nicht viel – Elizabeths gestörtem Verhältnis zu ihrer eigenen Tochter nach zu urteilen, hat diese aber auch einen großen, traumatischen Rucksack zu tragen. Denn niemand wird ohne Grund herzenskalt, lieblos und narzisstisch. Auch dem Generationentrauma ist die ethnische Herkunft von Menschen übrigens ziemlich egal – es gestaltet sich bei den von Rassegesetzen gebeutelten schwarzen Haushaltshilfen nur anders als bei wohlhabenden, aber unglücklichen weißen Ladys. Am Ende der Geschichte bleibt zu hoffen, dass es Töchter wie Mae Moblie, Skeeter und Minnys Tochter Sugar schaffen, aus diesem Kreislauf auszubrechen.
Und was ist mit Männern?
Nachdem es hier seitenlang um weibliche Charaktere und Netzwerke ging, kommt natürlich eine wichtige Frage auf … Wo sind in „The Help“ eigentlich die Männer? Spoiler: Sie sind natürlich vorhanden. Und auch hier kann man kein „Schwarz-Weiß-Bild“ zeichnen. Das heißt: Der dunkelhäutige Mann ist nicht automatisch der „bessere“. Das beweist eindeutig Minnys Ehemann Leroy – arbeitsunfähig, alkoholsüchtig, tyrannisch, gewalttätig. Zum Glück wird Minny dank ihrer Anstellung bei den Footes hinterher unabhängig von ihm leben können. Zu den „guten schwarzen Jungs“ gehören auf jeden Fall Aibileens verstorbener Sohn und ihr guter Freund James. Die weißen Hausherren hingegen verblassen weitgehend hinter ihren gefühlsstarken, nach Einfluss gierenden und psychisch labilen Ehefrauen. Sie erfüllen wohl einfach die Rolle, die ihnen in den Südstaaten der 1960er Jahre zugedacht ist – als „Fels in der Brandung“, Versorger, Geschäftsmann und offizieller Haushaltsvorstand.
Insgesamt wirken all diese Herren im Anzug austauschbar – alle bis auf Johnny Foote. Der überrascht nämlich durch ein ungewöhnlich offenes Weltbild, Empathie und eine gewisse Ignoranz gegenüber gesellschaftlichen Konventionen. Als Celia ihm ihre Frühaborts „beichtet“, ist er eher erschüttert darüber, dass er das erst jetzt erfährt. Entgegen aller Annahmen seiner Frau wusste er von Anfang an, dass eine schwarze Haushaltshilfe in seinem Haus arbeitet und in seiner Küche isst. Es stört ihn herzlich wenig. Das zeigt sich, als er und Minny sich zum ersten Mal begegnen und diese vor Angst ihre Einkäufe fallen lässt. Johnny lächelt, packt alles zurück in die Tüten, bedankt sich für alles, was sie für ihn und Celia tut. Zum Schluss schaut er noch auf den langen Stock, den Minny zu ihrer Verteidigung vor sich hält, und grinst breit. „Und jetzt leg bitte den Stock weg, das macht mir Angst.“ Am Ende zaubert er mit Celia zusammen ein kleines Festmahl – nur für Minny als Dankeschön.
Unter dem Brennglas: Jackson als Mikrokosmos
Folgt man einigen Rezensionen, stellt „The Help“ die wirklichen Missstände der Rassentrennung nicht dar und ist eine Darstellung privilegierter Lebensgeschichten, die keinen wirklichen gesellschaftlichen Wandel hervorrufen. Ich sage dazu mal … Jein. Natürlich ist Jackson nur ein Nebenschauplatz, an dem sich eine „stille Revolte“ in kleinen Schritten vollzieht. Es ist vollkommen klar, dass sich die „große Revolution“ der Bürgerrechtsbewegung andernorts, in den großen Städten, abspielt. Wenn die schwarzen Dienstmädchen zusammen die Nachrichten schauen, erfährt der Filmzuschauer indirekt das Neueste über Martin Luther King und die Freedom Riders.
In manchen Sequenzen wird auch Polizeigewalt gegenüber Afroamerikanern deutlich und am Schicksal von Aibileens Sohn bekommen wir demonstriert, wie wenig das Leben des schwarzen Mannes aus der Arbeiterschicht in den 1960ern „wert“ war. Betrachtet man die „Black Lives Matter“- Bewegung und das Wiederaufkommen rassistischer Strömungen weltweit, darf man sich durchaus fragen, wie viel fortschrittlicher die Menschheit wirklich geworden ist. Was haben wir schon gelernt – und wie viele Generationen an Zivilcourage werden noch benötigt, um Martin Luther Kings Traum wahr werden zu lassen?
Man darf auch die „White Supremacy“-Bewegung mit ihren stereotypen Geschlechterrollen kritisch betrachten und sich fragen, was auf dieser Bühne eigentlich heute noch zu tun ist. Fest steht, es gibt in vielen Bereichen noch viel zu tun. Indem Eugenia (übrigens nach dem realen Vorbild der Autorin Kathryn Stockett) in ihrem Buch sichtbar und erlebbar macht, was normalerweise in Südtstaatenhaushalten unter den Teppich gekehrt wurde, gibt sie aber definitiv einen wichtigen Impuls in Richtung Zukunft.
Fakten zum Film – Cast, Setting und FSK
„Mississippi, die Wiege des modernen Staates“ – so beschreibt Eugenia (Emma Stone) einmal denkbar ironisch die Spießbürgeridylle, in der sich die irrwitzigen Szenen der Geschichten abspielen. Sprich: Wirklich viel hat sich seit der Abschaffung der Sklaverei und dem Frauenwahlrecht eben noch nicht geändert, die Bürgerrechtsbewegung nimmt gerade erst so richtig Fahrt auf und bekommt eine Menge Gegenwind. Auch in Jackson kommt das etablierte gesellschaftliche Gefüge dank „engagierter“ Bewohnerinnen wie Hilly (Bryce Dallas Howard), Jolene (Anna Camp) und Elizabeth (Ahna O’Reilly) nur langsam ins Wanken. Dazu braucht es mutige Frauen wie Aibileen (Viola Davis), Minny (Octavia Spencer), Skeeter, Elain Stein (Mary Steenburgen) und Celia (Jessica Chastain) sowie Familien, die einen echten Neuanfang wagen und eine ganze Epoche von Rassentrennung und Sklaverei hinter sich lassen wollen.
Ein paar kritische Worte sind bei diesem ingesamt sehr tiefgründigen und humorvollen Blick ins gesellschaftliche Brennglas bei der FSK-Angabe angesagt. FSK 0 bildet hier nicht das ab, was die jüngsten Zuschauer*innen wirklich zu sehen bekommen. Denn bei aller Unterhaltung werden in „The Help“ realitätsgetreu Kinder vernachlässigt, schlecht behandelt und geschlagen – „das war halt so in den Swinging Sixties“. Es fließt bei Celias Fehlgeburt eine Menge Blut und auch häusliche Gewalt wird zumindest vertont. Der Moment, in dem Aibie und Mae Moblie gewaltsam voneinander getrennt werden – keine leichte Kost für Kleinkinder, die unter Verlustängsten leiden. Abgesehen davon ist „The Help“ von Regisseur Tate Taylor definitiv seine Zeit wert und lohnt sich wegen der zahlreichen liebevollen Details auch für einen zweiten Filmabend und eine angeregte Diskussion über den „Status Quo“.
Habt ihr den Film schon gesehen? Wie hat er euch gefallen? Es muss natürlich dazu gesagt werden, dass es je nach Interesse viele weitere Filme gibt, die definitiv einen Blick wert sind. Meine Favoriten sind hier "12 Years a Slave", "Die Farbe Lila", "Freedom Writers" und "Green Book".
Eure Cat
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