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"Frozen", meine Kinder und ich

Aktualisiert: 23. März 2023

Wer zwei Mädchen im Vor- und Grundschulalter hat, kommt an den knallbunten Abenteuern aus Disneys Traumfabrik kaum vorbei. Besonders „Frozen – die Eiskönigin“ steht nach wie vor bei meinen Töchtern hoch im Kurs. Und, wenn ich ehrlich bin, bei mir auch. Sowohl der erste als auch der zweite Teil. Warum mein „Geschichtenschloss“ Elsas Eispalast ähnelt – und welche fünf Dinge mich an den Filmen inspirieren.


„Mamaaaaa, darf ich noch ein Elsa-Kleid haben?“ – „Aber du hast doch schon so viele!“- „Ja, aber doch nicht das von der Krönung!“ Feechen, sechs Jahre alt und Erstklässlerin, schaut mich zugleich bittend und vorwurfsvoll an, von wegen: Mensch Mama, du MUSST doch wissen, welches Kleid ich meine! Das hat Kobold, zwei Jahre alt und Kita-Sonnenschein vom DIenst, auch gehört. „Mama, auuuuuch!“, quengelt sie und schaut mich aus großen blauen Augen an. Ich hole einmal tief Luft. „Ihr könnt euch beide noch ein Kleid zu Ostern wünschen“, willige ich dann ein, sozusagen als Kompromiss. Denn eigentlich nimmt diese ganze Disney-Merchandising-Dauerbeschallung hier meines Erachtens langsam überhand. Und damit bin ich im Mamaversum wahrscheinlich nicht allein.


Trotz aller nervigen Dauerwerbung (hey, ich kann’s verstehen, ich bin selbst „Team Content“) finde ich, dass „Frozen“ mit beiden Filmteilen ein gelungenes Stück Trickfilmgeschichte ist. Die Filme sind nicht nur witzig und detailreich produziert, sie haben durchaus das Potenzial, Kinder und Erwachsene zu motivieren und zum Nachdenken zu bringen. Zumindest, wenn man bei der Betrachtung nicht auf der „ersten Ebene“ abrutscht und sich komplett in bunten Bildern und schnellen Cuts verliert. Immerhin hat es der erste Teil zu einem Gastbeitrag geschafft und der zweite Teil landete sogar als Filmkritik auf diesem Blog.





Fünf Dinge, die … ich an „Frozen“ einfach cool finde!


  1. Die Lyrics der Songs berühren mich und haben Tiefe. Klar, Disney-Songs sind meist echte Ohrwürmer. Deswegen verkaufen sich Disney-Filme unter anderem ja auch so gut. Viele Lyrics und Melodien brennen sich für immer ins Hirn ein, nicht alle jedoch treffen mich mitten ins Herz und lösen eigene Erinnerungen aus. Die Lieder aus „Frozen“ tun dies – vor allem „Der nächste Schritt“, „Lass‘ jetzt los“ und „Zeige dich!“. Châpeau dafür, einem Eisblock in Sachen „bei Filmen heulen“ doch ein paar Tränen in die Augen zu treiben!

  2. Die Story ist ausgereift und ausgewogen. Es gibt diese Märchenerzählungen, bei denen man jegliche Logik vermisst und die am Ende nur auf eine Hochzeit als Happy-End hinauslaufen. Im Textrollenspiel habe ich für dieses Phänomen mal einen eigenen Begriff eingebracht- den „Damsel-in-Distress-Index“, kurz: „DiD-Index“. Und der ist bei „Frozen“ erfreulich niedrig. Natürlich stecken Elsa und Anna auch manchmal in der Klemme (oder in einem Schneehaufen) fest und benötigen auf ihre Abenteuern die Hilfe ihrer männlichen Wegbegleiter Olaf, Kristoff und Sven, im Gegenzug helfen sie den GiD („Gentlemen in Distress“) aber auch ziemlich oft aus der Patsche. So sollte es in ausgeglichenen Beziehungen sein! Überhaupt baut die Storyline vergleichsweise logisch aufeinander auf, was bei einem aufwendigen Zweiteiler schon einen Applaus wert ist.

  3. Die Charaktere sind keine lebenden Klischees. So eine Schneekönigin müsste doch abgrundtief böse und machtgierig sein, oder? Und müsste nicht eigentlich ein echter Prinz Anna vor dem inneren Erfrieren nach dem zweiten Unfall mit einem Eisblitz durch einen heißen Kuss erlösen? Nix da. Böse Königinnen oder garstige Stiefmütter wie in „Schneewittchen“ und „Cinderella“ gibt es nicht. Und der Prinz? Nun ja, der stellt sich als intrigante Nullnummer heraus, die von Anfang an nur …. das Beste wollte. Nämlich die Herrschaft über Arendelle – dafür geht er sogar über Leichen. Dass ausgerechnet ein einsamer Handwerker, der mit Rentieren spricht, Annas Herz erobert und der nächste potenzielle König wird, bringt durchaus etwas erfrischende Abwechslung in den kitschigen Einheitsbrei hinein. Und Elsa? Die verliebt sich erst gar nicht und findet: „Man heiratet niemanden, den man kaum kennt!“. Glückwunsch zu so viel gesundem Menschenverstand!

  4. Die Charaktere entwickeln sich weiter. „Mit euch wird es nie langweilig“, bringt es der Troll Paddy auf den Punkt, als Elsa im zweiten Teil versehentlich längst verloren geglaubte Geister geweckt hat. Und Stillstand sucht man tatsächlich in der Charakterentwicklung vergebens. Elsa entwickelt sich von einem eingeschüchterten Mädchen, das seine eigenen Fähigkeiten fürchtet, erst zur Königin Arendelles und schließlich zu einer tragenden Säule des Friedens zwischen der materiellen und geistigen Welt. Anna lässt sich von keinem Schicksalsschlag unterkriegen, setzt sich bedingungslos loyal für Familie und Freunde ein und wird dafür am Ende mit der Krone Arendelles belohnt. Olaf saugt Wissen in sich auf wie ein Schwamm und rettet selbst aussichtslose Situationen mit seinem Optimismus und verrückten Ideen. Und Kristoff legt für Anna seine raue Schale ab und übt sich sogar mehr oder minder erfolgreich in Sachen Romantik. Natürlich mit vielen Fremdschäm-Momenten für Rentier Sven, das seinen Reiter auch mal auf die Hörner nimmt, wenn es sein muss. Nicht nur der verwunschene Wald „verwandelt“ die Reisenden, sie tun es auch von sich aus.

  5. Humor und Beziehungen „fast wie im echten Leben“. „Käsequanten runter vom Armaturenbrett, bist du in einem Stall aufgewachsen?“ – und: „Er war doch gerade erst abbezahlt!“. Solche Sätze in einem Film, der sich um Mythen, Magie und feudale Machtstrukturen dreht, sorgen natürlich für spontane Lacher. Denn gerade die erwachsenen Zuschauer verstehen natürlich sofort Kristoffs Nöte, als sein neuer Rentierschlitten erst verschmutzt wird und anschließend einen Totalschaden erleidet. Fehlt eigentlich nur noch, dass er ein Smartphone zückt, um eine Schadensmeldung abzugeben. Ungeschlagen in Sachen freche Sprüche bleibt jedoch Schneemann Olaf, der regelmäßig irgendeines seiner Körperteile „verliert“ („Achtung, tief fliegender Hintern!“) und gleichzeitig bei allem versucht, einen kühlen Kopf zu behalten („Ich wird‘ das verstehen, wenn ich groß bin!“). Die Kombination „High Fantasy meets Real Life“, auch im Umgang der Charaktere miteinander, sorgt für eine gewisse Nähe zu ihnen. Man leidet mit Anna und Elsa mit, die jahrelang in magiebedingter Quarantäne sind, begleitet Elsa auf ihrer schwierigen und steinigen Selbst- und Sinnsuche und lacht herzlich über Kristoffs tollpatschige Versuche, Anna einen Heiratsantrag zu machen, während diese ihm jedes Wort im Mund umdreht oder mit den Gedanken ganz woanders ist. Bis auf wenige Ausnahmen, die nach dem ersten Teil von der Bildfläche verschwunden sind, gibt es kein „Gut“ und „Böse“, sondern nur Haupt- und Nebencharaktere, die wie jeder Mensch Ecken, Kanten und Marotten haben. Und diese ehrliche Darstellung macht sie alle nahbar wunderbar „menschlich“. Selbst Elsa, die natürlich durch ihre magischen Fähigkeiten dabei ebenso heraussticht wie Anna für ihre todesmutigen Rettungsaktionen.





„Story Castle“ – die Gedanken sind frei!


Generell kann ich mich sehr in Elsa und ihre Familie hineinfühlen, denn viele Situationen, Liedtexte und Konflikte in den Filmen haben bei mir ein Dèja-Vu ausgelöst. Zwar fließen aus meinen Fingern keine Eiskristalle, sondern „nur“ Worte, Sätze und Geschichten. Geschichten und Texte, die geschrieben werden wollen, ohne Begrenzungen, ohne Keyword-Zwänge, ehrlich aus dem Herzen heraus. Doch in der Welt der (a)sozialen Medien hatte ich bis zur Entstehung meines Blogs nie das Gefühl, „frei“ zu sein, vor allem nicht bei real erlebten Erfahrungen, die mich sehr verwundbar machen. Und in der Community, der ich genug vertraute, um einige Texte, Gefühle und Gedanken zu teilen, stieß ich natürlich auch irgendwann an Grenzen.


Themen, die zu weit von der Grundthematik in der Gruppe abschweifen, feste Textkategorien in der Überschrift, die vom Facebook-Algorithmus irrtümlich als Spam markiert wurden und Verstöße gegen Regeln, die ich einfach nicht einhalten kann. Zum Beispiel gegen die Regel, mit allen Posts eine positive Grundstimmung zu fördern. Manche Themen sind einfach nicht dafür geeignet, positiv dargestellt zu werden. Weil man nicht immer Mist zu Gold machen kann und viele Dinge, die einfach Fakt sind und dabei eben einfach Mist, ehrlich benannt werden sollten. Kurzum: Ich hatte schon wieder gehörig Lust, alles hinzuschmeißen, zu schweigen und einfach keine Beiträge mehr zu teilen.


Zum Glück gab es in meiner Herzenscommunity die Leute, die mich ermutigten, nun mein eigenes Ding zu machen. All diese „schönen Texte, die sichtbar werden müssen“, in einem eigenen Blog unterzubringen. Ich war schon oft Gastautorin in „fertigen“ Blog-Communitys,schreckte aber immer vor der technischen Seite der Blogerstellung zurück. Mit vollständigem Konzept, Seitengestaltung … Der Gedanke an einen sicheren Ort für all diese eingefangenen Momente und Ideen schwirrte mir schon lange im Kopf herum.


Eher durch Zufall hatte ich kurz vorher die „Frozen“-Filme gesehen. Mich selbst und meine Erfahrungen und Ängste in der Figur „Elsa“ wiedergefunden. Was, wenn Menschen mich dafür ablehnen, was ich denke und schreibe? Was, wenn sie mich eine Lügnerin oder total verrückt nennen, wenn ich mal nicht genauso ticke wie sie? „Ich spüre diese Kraft, sie ist ein Teil von mir, sie fließt in meine Seele und in all die Schönheit hier. Nur ein Gedanke und die Welt ist ganz aus Eis, ich geh nie mehr zurück, das ist Vergangenheit.“ Aus meinen Fingern schießen natürlich keine Eisblitze hervor, nur getippte Worte. Aber hat nicht jeder seine eigene kreative Quelle, aus der er sein Leben heraus formt? Ich spürte jedenfalls, dass es Zeit für einen Aufbruch war, etwas Neues. Etwas, das ich komplett selbst gestalten kann, ohne in eine noch so gut gemeinte Schublade passen zu müssen. In meinem Tempo, abseits fremder Erwartungen, einfach sehen, „was ich wohl alles machen kann“.


Erfreulicherweise bekam ich dabei so einige „Annas“ in meiner Community an die Seite, die mir Tipps gaben und mich zum Weitermachen ermutigten. Trotz aller neu gefundenen Freiheit und Offenheit („Das Tor ist offen!“) beim Schreiben möchte ich einen gewissen Schutz meiner Identität wahren – und den Datenschutz für manche Leute, die in einigen meiner Texte vielleicht schlechter wegkommen. Ich hoffe, unter diesen Umständen seht ihr mir das Schreiben ohne reale Adresse und Telefonnummer im Impressum nach.





Die Reise geht weiter – und ich nehme euch mit!


Es gibt noch eine Sache, die ich mit Elsa teile –den unfreiwilligen Ausschluss aus der Gemeinschaft und über lange Zeit hinweg dieses Gefühl, „falsch“ zu sein. Eine Fehlbesetzung und unfähig, einfach „dazuzugehören“. Inzwischen bin ich bereit, in meinen „Rückblenden“ über viele Dinge zu sprechen, die mir über lange Zeit das Vertrauen in mich und in die Gemeinschaft um mich herum nahmen. Ich hatte einfach gelernt, diese Dinge nicht öffentlich anzusprechen, suchte lange noch die Schuld allein bei mir selbst, hatte ständig Angst, negativ aufzufallen oder wieder abgelehnt zu werden. Vor allem dann, wenn ich mich genauso zeige, wie ich eben bin.


Auch hier war „Frozen“ ein guter Leitfaden für mich – denn auch ich war auf der Suche nach Antworten. Nach meinen wirklichen Werten, Zielen und bisher nicht aktivierten Kräften. Oft war ich schon stehengeblieben wie Anna in „Der nächste Schritt“ – und wieder aufgestanden, um neu anzufangen: „Scheint dein Glück auch verlor’n, sieh ein Stück nach vorn. Mach nur den nächsten Schritt!“. Auch hatte ich seit der Jugend ein wie Elsa das Gefühl, nicht in mein Umfeld zu passen: „Ich war nie so wie die anderen, doch warum war nicht klar. Ist heut‘ der Tag, wo du mir sagst, warum all das geschah?“ Tatsächlich unterschieden sich meine Interessen und Wahrnehmungen oft von denen meiner Mitschülerinnen und Mitschüler. Ich las lieber ernste, kritische Bücher anstatt der „Bravo Girl“, Jungs waren für mich nicht Gesprächsthema Nummer 1 und mein ausgeprägter Sinn für Fairness hielt mich davon ab, großartig zu Lästerorgien beizutragen. Um hier nur einige Beispiele zu nennen. Ich bin noch nicht am Ziel - ist das je ein Mensch? Aber wir sind alle schon einen guten Teil unseres Weges gegangen, haben gelitten, gelacht, gekämpft, gefeiert und Eisbrocken aus dem Weg geräumt.


Ein Blick zurück – und der Blick nach vorn


„Es ist schon eigenartig, wie klein nun alles scheint. Und die Ängste, die in mir war’n, kommen nicht mehr an mich ran“ – aus der Distanz betrachtet werden die Hindernisse auf dem Weg kleiner, und das ist gut so. Denn nur mit Ruhe und Entfernung erkennen wir viele Dinge als das, was sie sind und Probleme lassen sich einfacher lösen. Und nachdem ich so lange Erlebnisse „in mein Herz eingeschlossen“ und „hinter festen Mauern mein Innerstes versteckt“ hatte, ist jetzt die richtige Zeit, endlich Klartext zu sprechen und das Beste aus ihnen zu machen. Die Erfahrungen zu nutzen, um die Welt für mich und all die anderen um mich herum lebenswerter zu gestalten. „Zeige dich, ich hab keine Angst mehr, denn ich seh‘ mein Ziel jetzt klar!“. „Jetzt soll es sein“ – nämlich der Moment, um mich mit all meinen Eigenheiten anzunehmen und auch anderen zu sagen: Du bist richtig. Verschwende deine Lebenszeit nicht mit Zweifeln.






Jetzt ist die Zeit, meinen Töchtern und anderen Kindern Zuversicht zu geben, sie auf ihrem Weg zu begleiten und ihnen vorzuleben, für sich und andere einzustehen. Den nächsten Schritt zu gehen, neue Wege zu beschreiten, wo Brücken eingestürzt sind. Und sich niemals dafür zu schämen, ein Unikat und manchmal auch schwach zu sein. Wie Olaf ganz lapidar sagen würde: „Das ist normal!".


Auf meinem Weg halte ich übrigens auch immer Ausschau nach Weggefährten, die sich persönlich oder beruflich mit dem Problem "Mobbing" in all seinen gruseligen Facetten auseinandersetzen wollen oder müssen. Scheut euch also nicht, mich zu kontaktieren, wenn ihr zu dem Thema etwas loswerden wollt (gern als Gastposting, als Contentkooperation usw.). Denn nur wer Flagge zeigt und darüber spricht, kann unsichtbare Bedrohungen sichtbar und angreifbar machen.


Viele Grüße

Eure Cat






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