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Health at Every Size (HAES): das Wichtigste in Kürze

Aktualisiert: 23. Feb. 2023

Body Positivity, Body Neutrality, Plus Size, Fat Acceptance Movement, Intersektionalität ... Health at Every Size (kurz: HAES) vereint viele Begriffe rund um den menschlichen Körper und seine gesellschaftliche Wahrnehmung in sich. Gerade aufgrund seiner Komplexität wird das Konzept oft missverstanden oder stark vereinfacht und damit nicht korrekt dargestellt. In dieser Blogkategorie zeige ich euch einige Perspektiven auf, die zum besseren Verständnis wichtig sind.


In dieser kurzen Einführung erkläre ich euch kurz und knackig ...


  • was HAES ausmacht und welches Konzept dahintersteht;

  • was HAES definitiv NICHT ist;

  • welche Ziele die Bewegung verfolgt;

  • warum HAES eigentlich jeden Menschen etwas angeht und kein "Plädoyer fürs Dicksein" darstellen möchte.


HAES – was ist das und wer hat’s erfunden?


Wie der Name vermuten lässt, stammt das HAES-Wohlfühlkonzept inklusive seinem Manifest aus dem englischsprachigen Raum, speziell aus den USA, auch bekannt als „XXL Country“. Und das, obwohl sich die Zahl der „Übergewichtigen“ strenggenommen kaum noch von der in den europäischen Industriestaaten unterscheidet. Aber Moment, „Overweight: Over WHAT weight?“, zitierte einmal eine Body-Positivity-Aktivistin aus dem sogenannten „Fat Acceptance Movement“. Um den BMI in ihrem wissenschaftlichen Artikel anschließend als willkürlich gesetzten Wert zu entlarven. Vielleicht ist also nicht der eigene Körper außerhalb irgendeiner Norm, sondern die (Schönheits-) Norm selbst die Täuschung?


Und wenn das eigene Fett auf den Rippen einen dann vielleicht doch – als ein Faktor von vielen – die Gesundheit und das Wohlbefinden beeinträchtigt, WARUM werden die Leute eigentlich reihenweise „zu dick“? Sind „die“ alle faul, undiszipliniert und zu dumm zum „richtigen“ Essen oder stecken ganz andere, z.B. gesellschaftliche und ökonomische Faktoren, dahinter? Tragen Bodyshaming und Körperhass nicht möglicherweise dazu bei, dass „die Dicken“ sich noch weniger ins Fitnessstudio, zum Arzt oder ins Schwimmbad trauen und so die eigene Gesundheit (mental und körperlich) sabotieren? Kann der menschliche Körper eigentlich durch gezielte Diäten und Sport über einen gewissen Prozentsatz hinaus (10 – 15 % des Körpergewichts) an Gewicht verlieren, um ein festgesetztes „Normalgewicht“ ohne Jojo-Effekt zu erreichen? Und welche Schikanen erwarten Übergewichtige, Körperbehinderte und andere aus der Norm fallende Personen eigentlich noch außer herablassende Blicke oder übergriffige Kommentare?




"Every body is worthy!" - Was die HAES-Bewegung will


HAES (nach einem interdisziplinären Fachbuch von Ph.D. Linda Bacon) hinterfragt viele Mythen rund um Übergewicht, Schönheitsnormen (und damit der automatischen Gleichsetzung von Schlankheit und Gesundheit), Medienideale und die tiefer liegenden Ursachen von kollektivem Übergewicht und gängigen Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.


Geht es darum, „Plus Size“ und pfundige Fülle als die neuen Ideale darzustellen? Nein, es geht um „Body Positivity“ und die Akzeptanz körperlicher Vielfalt. Das individuelle Ziel von HAES besteht vor allem darin, für die eigene Gesundheit, das eigene Wohlbefinden einzustehen – unabhängig von äußeren Merkmalen wie Kleidergröße, Gewicht, Körperbau, Hautfarbe, Haarfarbe oder auch körperlicher Behinderung (z.B. Fortbewegung im Rollstuhl). Das gesellschaftliche Bestreben liegt in der Bemühung um und Forderung nach einer Lebenswelt, in der sich alle Menschen unabhängig von ihren körperlichen Gegebenheiten entfalten und einbringen können. Die Bewegung und damit auch das „Fat Acceptance Movement“ haben eine eigene Stiftung und eine breite öffentliche Plattform im englischsprachigen Raum.


Wonach ihr bei HAES vergeblich suchen werdet


  • HAES ist KEIN Diätprogramm, im Gegenteil. HAES-Aktivist*innen halten einseitige Diäten für Bullshit.

  • HAES diskriminiert keine Menschen, die sich innerhalb einer Gewichts- und Größennorm befinden oder gar einem aktuell herrschenden Schönheitsideal entsprechen. Thin-or-whatever-Shaming unerwünscht!

  • HAES verurteilt auch nicht den individuellen Wunsch, für das eigene Wohlbefinden mehr Sport zu treiben und sich „gesünder“ zu ernähren. Natürlich, solange Teilnehmer*innen diese Ziele mit Begeisterung und aus eigenem Antrieb verfolgen. Im Gegenteil: Wer sich im eigenen Körper wohlfühlen will und sich auch dafür einsetzt, bekommt die volle Unterstützung der HAES-Community!

  • Trotz aller Psychologie: HAES ist kein Coachingprogramm, bei dem mit dem Unterbewusstsein gearbeitet wird. Dafür erfahren Interessierte viel über sozioökonomische „Dickmacher“, den schönen Schein der Diät- und Werbeindustrie, strukturelle Diskriminierung z.B. bei der Jobsuche, bei Versicherungen, in der medizinischen Behandlung und anderen Alltagssituationen.

  • Eine reine Fokussierung auf Körperform und Körpergewicht gibt es nicht. HAES stützt sich auf intersektionelle Beobachtungen und Forschungen. Dies bedeutet: Alle sozioökonomischen und gesellschaftlichen Einflussfaktoren werden idealerweise miteinbezogen.



"A world for everybody" - Rahmen neu festlegen


Health at Every Size betrifft also nicht nur die "Dicken" oder die "Dünnen", nicht nur die "Weißen", die "Schwarzen" , die "Gesunden" und die "Menschen mit Behinderung". Nicht allein die "Armen" und die "Reichen". Wenngleich bei der Selbst- und Fremdwahrnehmung anderer Menschen und ihrer Körper natürlich viele (unbewusste) Zahnräder ineinandergreifen, sind Menschen am Ende Menschen, die einen Körper haben. Weil sie diesen einfach brauchen, um sich in dieser Welt zu bewegen und ihre Umgebung im besten Fall ein wenig lebenswerter zu gestalten. Im Rahmen der individuellen Möglichkeiten, versteht sich, in großen oder kleinen Schritten.


Um jedoch aktiv und kreativ an einer sinnvolleren Lebenswelt für alle zu arbeiten, braucht es einen "freien Kopf". Frei von Zwängen, Body-Shaming, ständiger (negativer) Beurteilung, überbordenden Lebens- und Ernährungsvorschriften. Sprich, wir brauchen ein neues "Framing", einen neuen "Rahmen", in dem wir Körper wahrnehmen, wertschätzen und akzeptieren. Und auch wenn der Weg zu einer "körperfreundlicheren" und toleranteren Welt noch weit ist - HAES und benachbarte Disziplinen bleiben dran! Denn Unterschiede und Besonderheiten machen die Gesellschaft reicher und bunter.





Seiten und Quellen zum Weiterlesen


Wenn ich euch mit diesem kurzen Überblick für Themen rund um HAES begeistern konnte, findet ihr hier eine Auswahl zum Nach- und Weiterlesen.



Ich freue mich auf einen spannenden Austausch mit euch!


Eure Cat


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