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Im Krisenmodus

Klimawandel, Artensterben, Krieg, Pandemien, Armut. Man muss schon in einer ziemlich blinden rosa glitzernden Blase leben, um all diese Krisen nicht wahrzunehmen. Ignorieren und Nichtstun sind keine Optionen – aber wie sollen wir Menschen dann mit all unseren hausgemachten Katastrophen umgehen?




Kurz bevor ich mit diesem Text begonnen habe, hatte mich mein Handy bzw. mein Google-Newsfeed schon wieder darüber informiert, was an diesem „ganz normalen“ Arbeitstag außerhalb meiner Alltagsblase so passiert. Der Wald ist in Gefahr, das Klima und viele Tier- und Pflanzenarten sowieso. In der Ukraine, also sozusagen nur wenige Tausende Kilometer von mir entfernt, toben immer noch erbitterte Kämpfe, bei denen Zivilisten, Kinder und Tiere zu Tode kommen. Eine weitere menschengemachte humanitäre Katastrophe, die ohne jeden Sinn Opfer fordert.


Bevor Missverständnisse entstehen: Meine Gedanken sind nicht allein bei den Ukrainern in diesen Tagen. Sie sind auch bei all den Russen, die diesen Krieg ebenso nicht wollen und auf Gedeih und Verderb in dieses Wahnsinnsspektakel mit hineingezogen werden. Im Iran werden Mädchen an Schulen vergiftet, nur weil sie Gebrauch von ihrem Recht auf Bildung machen. Und in Syrien und der Türkei kämpft die Bevölkerung gegen die Folgen des gigantischen Erdbebens. Kinderarmut wird gravierender- in den „reichen“ Industrieländern, schlimmer aber noch in den Ländern, die sich früher all diese heute „reichen“ Länder als Kolonien unter den Nagel gerissen, ausgesaugt und dann vollkommen verarmt und unselbstständig wieder ausgespuckt hatten.




„Absolute Wahnsinnsshow im Fernseh’n und im Radio“


Weiter im (Nachrichten-) Text. „AdBlue-Mangel gefährdet Lieferketten“, „Mit Vollgas in die Rezession“, „Gaspreise explodieren: Wer soll das bezahlen?“, „Coronazahlen steigen wieder – Lauterbach warnt“, „Kita-Überlastung und Lehrermangel – wo geht unser Bildungssystem hin?“, „Preisschock – diese Lebensmittel werden jetzt noch teurer!“. Hmpf, wie soll ich bei so vielen Negativschlagzeilen noch an das Gute im Menschen und an eine glückliche Zukunft glauben? Das wäre doch irgendwie der komplette Selbstbetrug, oder?


Da ich nun doch irgendwann mal Hunger bekommen habe, statte ich dem Kühlschrank einen Besuch ab und entscheide mich für ein Porridge mit Apfelmus. Ein wenig missmutig stimmt mich der Blick auf unsere Vorräte schon. Irgendwie war ich davon ausgegangen, dass die Lebensmittel vom letzten Wocheneinkauf ein wenig länger vorhalten als ein paar Tage, nun sind schon wieder einige absolut notwendige Lebensmittel fast wieder weggefuttert. Vielleicht komme ich um das Einkaufen diese Woche doch nicht mehr herum, und das bei den aktuellen Lebensmittelpreisen. Zum Glück habe ich mir die App für unseren Supermarkt zum Abholen heruntergeladen und nutze Angebote und Coupons. So spart man wenigstens ein bisschen.


Überhaupt – immer noch Spartipps an allen Ecken und Enden, jeden Tag wieder „neu“ und auf allen Kanälen. Ich habe durchaus ein inneres „Geiz-Ich“, kaufe Kleidung aus Nachhaltigkeitsgründen z.B. sehr oft gebraucht und gebe die getragene Kinderkleidung aus unserem Haushalt regelmäßig an Freunde und Verwandte weiter. Wir fahren lieber campen, als eine All-Inclusive-Flugreise anzutreten gehen mit zwei jungen Kindern ohnehin ungern in feine Restaurants, wo man für jedes Quietschen schief angeschaut wird. Oft kaufen wir im Supermarkt ohnehin keine Markenprodukte und greifen lieber auf die genau gleich gefertigten Eigenmarken zurück. Für ein paar Euro weniger stört es uns auch nicht, wenn die Kartoffeln nicht perfekt oval geformt sind.





Was wird aus der Welt - und aus uns?


Diese enorme Diskriminierung von „nicht normgerechten“ Lebensmitteln ist sowieso ein Schlag in die Magengrube derer, die seit Jahrzehnten und Jahrhunderten an echtem, beißendem Hunger leiden. Es gibt jedoch Dinge, an denen ich nicht sparen kann und auf die ich nicht verzichten möchte. Auf unsere elektronischen Haushaltshelfer und den wöchentlichen Reinigungsservice zum Beispiel, die zwar Strom verbrauchen, aber uns ermöglichen, unsere bezahlte Arbeitszeit nicht mit Haushaltsdingen zu „vergeuden“. Ich will die Arbeit im eigenen Haushalt gar nicht als wertlos darstellen, aber in unserem Fall haben wir eben andere Jobs, die Vorrang haben. Auch meine heiße Dusche am Abend ist mir heilig – das ist eine der wenigen Phasen am Tag, in denen ich mal ganz entspannt „bei mir“ sein kann. Regional im Hofladen einkaufen, was es dort gibt? An sich eine gute Idee. Obst und Gemüse selbst anbauen – sorry, nicht genügend Fläche und vor allem Zeit. Zeit ist eine Ressource, die bei vielen Spartipps vollkommen außen vor gelassen wird.


Um es in zwei Sätzen zusammenzufassen: Ich hatte mir dieses Jahr einfach anders vorgestellt. Außerdem gruselt es mich, wenn ich an die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unserer (und anderer) Spezies denke. „Absolute Wahnsinnsshow im Fernsehen und im Radio“ – eine treffende Refrainzeile aus dem Song „An Tagen wie diesem“ von „Fettes Brot“. Ich habe meine Masterarbeit vor etwa einem Jahrzehnt grob gesagt über Dystopien geschrieben, doch die Realität da draußen sprengt gerade für mich den Rahmen jeglicher dystopischer Romane und Filme.


Auch die Textzeilen „Keiner wird mehr krank, weil wir eh schon jede Krankheit haben […] Und fliegt das Kraftwerk in die Luft, fängt jeder an zu strahlen“ aus dem Lied „Schöne neue Welt“ von „Culcha Candela“ bekam für mich eine ganz neue Bedeutung, als erste Berichte über die Besetzung ukrainischer Atomkraftwerke aufkamen. So wie Berichte über immer neue Zoonosen. „Halb so wild, zum Glück haben wir `ne zweite Welt im Keller“? Nee, so einfach wiein diesem offensichtlich genial satirischem Lied ist die Lösung für diverse menschengemachte Probleme auf diesem Planeten wohl doch nicht. Aber schließlich wurde der Mensch mit einem funktionierendem Gehirn und einem Händchen für Technik und Werkzeuge geboren, auch wenn offenbar nicht jeder diese Ressourcen zu nutzen weiß.





Lösungen erkennen - Angst in Energie umwandeln!


„Was morgen wird, ist scheißegal“ ist jedenfalls in diesen Zeiten keine Devise mehr, um weiterzukommen. Vielleicht braucht unsere „schöne neue Welt“ einen Restart mit mehr Verständnis füreinander, nachhaltiger Technologie und wirklich gemeinsamen Bemühungen um eine „bessere neue Welt“ für alle. Die Lyrics und das Videozu „What I’ve done“ von Linkin Park lassen jedenfalls vermuten, dass schon viel kaputt ist, aber es Hoffnung für alle geben kann. „Put to rest what you thought of me […] I’ll clean the slate with the hands of uncertainty” – keiner kann allein die Welt retten (nicht einmal Tim Bendzko), aber jeder kann ehrlich zu sich selbst sein und etwas beitragen. „I’ll face myself to cross out what I’ve become“ – Menschen, die “Monster” unseres Planeten, die oft anders könnten, wenn sie nur wollten und richtig nachdächten. Oder eher: die anders können, wenn sie nur endlich aufhören, ihre Ressourcen und ihre Zeit für Krieg, Zerstörung und eigene Machtbedürfnisse zu verschwenden.


Und während ich, ziemlich erschöpft vom vielen Nachdenken über all diese Krisen, die letzten Zeilen dieses Artikels schreibe, schickt mir die Sonne ein paar Strahlen in mein Nordost-Arbeitszimmer. Das schüchtern hereinlugende Licht in diesen Zeiten ermutigt mich, heute das Beste aus mir und „meiner Welt“ herauszuholen und irgendetwas zum Strahlen zu bringen. Allen Ängsten, schlechten Nachrichten und drückenden Problemen zum Trotz, ohne mich in einer „Wohlfühlblase“ zu verstecken. „For what I’ve done – I start again. Whatever pain may come, today this ends, I’m forgiving what I’ve done“. Was bleibt zu sagen? Ich wünsche auch jedem und jeder von euch viel Kraft, um jeden Tag „neu zu starten“ und das Beste aus dem zu machen, was eben da ist.


Wie geht ihr mit all diesen Krisen in der Welt da draußen um, ohne komplett dabei durchzudrehen? Was macht euch am meisten Angst und könnt ihr aktiv dagegensteuern?


Nachdenkliche Grüße

Eure Cat






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