Eine Bilanz mit Augenzwinkern
Familienfeste sind etwas Wundervolles, speziell Weihnachten und Silvester sollen jedes Jahr DIE sozialen Events der vergangenen Monate werden und den ganzen schnöden Alltag kompensieren. Soweit die Wunschvorstellung des trauten Beisammenseins bei Tannenduft und Wunderkerzen. Aber: Was sagt eigentlich die Spielverderberin „Realität“ dazu?
Bei uns in der erweiterten Kernfamilie flammt bei uns spätestens im Herbst die immer gleiche Diskussion auf. Bei uns, bei euch, oder doch bei den Schwiegereltern? Fun Fact: Es gibt jedes Jahr drei Feiertage, aber mindestens vier Parteien, die uns und die Kinder zu Gesicht bekommen wollen. Das ehrt uns, bedeutet aber auch viel Logistik und Fahrerei. Seit mein Mann und ich mit Feechen (6) und Kobold (2) in ein Eigenheim gezogen sind, stellt sich zumindest die Frage nach dem Austragungsort der Geschenkeschlacht für Heiligabend nicht mehr. Die findet – im Sinne der beiden Mädchen – seit zwei Jahren bei uns statt. Die darauffolgenden Tage, beziehungsweise der „Routenplan“, werden aber nach wie vor jedes Jahr angepasst. Schließlich haben meine Eltern auch einen tollen Tannenbaum in der Wohnküche, die Verwandtschaft aus Arendelle … pardon, dem hohen Norden will auch besucht werden und die Schwiegereltern fügen jedes Jahr ein neues Highlight zu ihrer Weihnachtskrippe hinzu. Mit einem Wort: Uff!
Zwischen totaler Völlerei und Kaloriendurchsagen
Interessant ist bei uns auch alle Jahre wieder die Frage nach dem Festtagsmenü. Zwischen meinem Mann und Schwiegervater („Aber nicht zu viel, das kann man ja nicht alles essen!“) beratschlagen sich immer alle anderen, welchen Menügang jede Partei mitbringen soll. In welche kulinarische Richtung soll es gehen Heiligabend gehen? Bitte kein Fisch – dagegen hat Schwiegervater eine Allergie. Fleisch auch lieber nicht – immerhin haben wir zweieinhalb Vegetarier in der Familie (meine Mutter und mich und meinen Mann als sehr sporadische Fleischesser). Sehr zum Unmut meiner Großmutter übrigens, die immer wieder erzählt, dass man zu ihrer Zeit „immer einen dicken Braten auf dem Tisch stehen hatte“.
Alkohol ist bei unseren Feiern an Heiligabend kein Thema, auch das hat seine Gründe. Unter anderem, weil die meisten am nächsten Tag noch längere Strecken im Auto sitzen und weil Kinder mit am Tisch sitzen. Dieses Jahr hatten wir es übrigens einfach. Es fanden sich sofort so viele Freiwillige für die Essenszubereitung, dass wir nur Getränke und Location stellen mussten. Noch eine Vorspeise und noch ein Nachtisch hätten das buchstäbliche Fass aber auch wirklich überlaufen lassen.
Im Rahmen des alljährlichen Futtermarathons über die Feiertage kommen übrigens immer wieder die gleichen Themen auf. Früher hätten mich manche typischen Aussagen an der Festtagstafel massiv gestört und verunsichert, heute, mit dem Hintergrund der intuitiven Ernährung, bringen sie mich zum Schmunzeln. Kleine Auswahl gefällig?
„Da ist doch nur noch so ein Klecks in der Schüssel! X, du bist so dünn, du kannst das doch noch essen!“
Mein Mann und mein Schwager schauen sich dann immer ein wenig genervt an, von wegen: Hallo, sehen wir aus wie Biomülleimer? Und Recht haben sie. Man hört auf, wenn man satt ist. Und lässt die Reste denjenigen, die noch Appetit haben. Bestechende Logik, oder? Außerdem: Einfach ungefragt fremde Körper zu kommentieren ist furchtbar unhöflich. Auch bei dünnen Menschen.
„Dieser Nachtisch ist mächtig, der hat (Zahl einfügen) Kalorien pro Portion!“
Ein Klassiker unter den Diätdiskussionen an der Festtafel. Ja, so eine Speise hat eben eine gewisse Anzahl an Kilokalorien. Und… was soll diese Information nun bringen?
„Eigentlich esse ich XY ja nicht, aber wenn Weihnachten ist …“
Es gibt exakt zwei Möglichkeiten. Entweder isst man eine Speise mit Genuss und so viel, wie es einem gut tut, oder … man lässt es eben sein. Feiertage hin oder her.
„Ich bin schon soooo satt, aber DAS muss ich noch probieren!“
Auch so eine Ankündigung, die ein wenig widersprüchlich klingt. Heißer Tipp: "Fresspause" einlegen!
„Nach Silvester fasten wir alle nach dieser ganzen Esserei!“
Wie bitte? Wer ist eigentlich dieser „Wir“? Ich nicht. Sorry, I’m out.
„Also, eine zweite Portion Nachtisch brauchen WIR doch wirklich nicht mehr, oder?“
Also, was DU möchtest, musst du schon mit deinem eigenen Körper abklären. Das kann ich wirklich nicht beurteilen. ICH hätte gerne noch etwas Obstsalat, und kann mir bitte jemand die Vanillesauce rüberreichen? Vielen Dank!
„Zu viel XY ist schlecht für meinen Blutdruck/Magen/whatever …“
Sehe ich aus, als wäre ich Arzt? Wenn du das weißt, dann … lass es doch einfach aus dem Hals raus?
„Immer dieses viele Essen, da wird man ja dick und rund bei!“
Meist in recht klagendem Tonfall ausgesprochen auch ein absoluter Klassiker. Mal ernsthaft, das sind doch wirklich First World Problems, oder? Auch hier gibt es exakt zwei Möglichkeiten. Entweder kocht man statt zwei Suppen einfach nur eine oder man nimmt sich nur das, was man auch wirklich möchte.
„Die dicken Tanten hatten die gesamte Sauna besetzt!“/ „Man sollte ein Schild aufstellen: Dicke Frauen verboten!“
Meine diesjährige „Stilblüte“ vom Silvesterfrühstück. Nach mehreren Minuten (!) dieser Diskussion über voluminöse Körper in engen Saunaräumen habe ich mich gefragt, ob ich wohl die Einzige bin, die das irgendwie … schräg findet? Und ziemlich trocken nachgehakt: „Seid ihr nun damit fertig, über die Körper fremder Leute zu lästern? Ach, reich mir doch mal bitte den Kaffee rüber.“
Silvester, oder: Die beste Party steigt zum Schluss?
„Was macht ihr eigentlich Silvester?“, diese Frage stelle auch ich manchmal meinen Freunden und Verwandten schon Wochen und Monate vorher. Für manche Events muss man ja recht frühzeitig planen. Vor allem, wenn man auswärts feiert, ein Hotelzimmer oder schnell ausverkaufte Tickets benötigt.
Was den Event-Faktor angeht, war dieser Jahreswechsel für mich ein ziemlich großer Reinfall. Es gab nicht die übliche Raclette-Party bei meiner Cousine (bzw., diese konnte sich bis kurz vorher zu nichts entscheiden). Deswegen hatten wir Besuch von der Schwiegerfamilie und zwischenzeitlich von einer befreundeten Familie aus dem Ort (vor allem schön für die Kinder). Wie üblich hatten wir den allgemeinen Appetit wieder hemmungslos überschätzt, deswegen gab es am 1.1., auch Kobolds Geburtstag übrigens, noch die Partyreste.
Aber was heißt hier eigentlich Party? Ich hatte dieses Jahr wirklich nicht viel erwartet, aber dass nach einem Disneyfilm alle Erwachsenen außer mir an Silvester in die Betten kriechen, fand ich dann schon etwas frustrierend. Also verbrannte ich meine Neujahrswünsche um halb Elf eben allein im Ofen und räumte schon mal auf. Wenigstens mein Mann und meine Schwiegermutter kamen um Mitternacht noch einmal herunter, um mit einem Glas Mineralwasser anzustoßen. Schon 2020/21 hatte ich mit einem Glas alkoholfreiem Sekt allein am Fenster gesessen, weil mein Mann erkrankt war und schlief.
Naja, so schlimm war es auch wieder nicht. Aber von einer „Nacht der Nächte“ konnte nicht die Rede sein. Eigentlich ist es auch ein komischer Brauch, massenhaft Feinstaub in die Luft zu böllern und diverse Tiere zu Tode zu erschrecken. Deswegen schauen wir schon länger lieber anderen Leuten beim Knallen, pardon, Feuerwerk zu. Und angesichts des Krieges in der Ukraine erschien es mir gerade dieses Jahr zynisch, ein Feuerwerk zu veranstalten. Es würde mich zweifelsohne sehr beruhigen, wenn die Beteiligten dort mit ihrem „XXL-Feuerwerk“ endlich mal aufhören könnten.
Die Sache mit den guten Vorsätzen
Womit wir bei ehrenhaften Absichten und den berühmten guten Vorsätzen sind. Man nimmt sich ja oft mehr vor, als man schaffen kann. Nicht nur an Silvester, aber dann besonders. „Abnehmen“ und „mehr Sport“ sind übrigens Evergreens aus der Kategorie „Vorsätze, die man eh wieder vergisst“. Eben sobald einen der rasante Alltag wieder einholt, Ausnahmen bestätigen die Regel. Ebenso wie „mit dem Rauchen aufhören“. Das Problem mit dem Glimmstengel habe ich nicht, aber weiß, dass „mal eben auf Knopfdruck aufhören“ eine eher knifflige Angelegenheit ist. Wenn schon Neujahrswünsche, also lieber etwas, was einem wirklich am Herzen liegt und langfristig machbar ist. Hier sind also meine „Top 13“, die im Ofen gelandet sind
Mich beruflich weiterentwickeln und Chancen ergreifen;
Feechen erfolgreich durch das erste Schuljahr bringen;
Gute Wünsche für die Gesundheit meiner Liebsten;
Konsumverhalten hinterfragen und ggf. auch etwas aussortieren;
Etwas Neues lernen und neue Kompetenzen im Beruf gewinnen;
Einen oder zwei Sportkurse finden, die keine „Alltagsbewegung“ sind;
Kenntnisse auffrischen, z.B. mein eingestaubtes Spanisch;
Kritik weniger persönlich nehmen (oder unfaire Kritik sicher von mir weisen);
Mich besser um mein bestehendes und wachsendes Freundenetzwerk kümmern;
Das Projekt „eigene Blogpage“ durchziehen;
Meinen Mann bei Hausprojekten unterstützen, wo ich es kann;
Mich weniger über Kleinigkeiten aufregen, sondern Lösungen suchen;
Weiterhin beim Essen auf meinen Körper hören.
In diesem Sinn ein verspätetes „Prost Neujahr“ mit einem Pott Kaffee in der Hand. Nun bin ich gespannt. Wie habt ihr die Feiertage erlebt? Wo erkennt ihr euch vielleicht wieder und was habt ihr euch für 2023 (und meinetwegen auch 2024 und 2025) vorgenommen?
Viele Grüße, eure Cat
Herrlich ehrlich und so treffend