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  • the_writing_cat

Sexy kann mich mal!

Auch wenn es draußen noch nicht danach aussieht - der Sommer ist in greifbarer Nähe. Damit fallen dann viele Hüllen, die vorher komfortabel unsere "Problemzonen" am Körper überdeckt haben. Also höchste Zeit für ein körperliches Update oder Upgrade, die nächste Diät oder Detox-Kur, um pünktlich zum Start der Bikinisaison perfekt fit und "sexy" zu sein? Die Antwort diverser Medien für Frauen ist eindeutig: Ja! Aber Moment mal ... was geht all diese Leute da draußen eigentlich der eigene Körper an? Ist dieser ständige Attraktivitätsanspruch nicht doch ein wenig übergriffig?




In ein paar Monaten beginnt wieder die "heiße Phase" des Jahres. Damit fallen dann auch die Kälteschutzpanzer und manche Hüllen des Winters. Traditionell ploppen jedes Jahr schon ab März überall eindeutige Werbeslogans in den Medien auf. So etwas wie: „Dein sexy Sommerlook – jetzt!“, „Sexy am Strand – nur 10 Minuten Training täglich!“, „Hot Stuff - sexy Outfits für deine Sommerparty“. Jedes Jahr die gleiche Leier, und so langsam rolle ich innerlich mit dem Augen. Es ist ja sehr fürsorglich von unserer Werbeindustrie, dass sie sich so um das Intimleben der von Pornoübersättigung geplagten Bevölkerung sorgt. Aber kann man bitte einmal den Leuten – Frau, Mann, Trans, Queer oder was auch immer – selbst überlassen, ob, wann, wie und für wen sie „sexy“ sein möchten?


"Same procedure as every year ..."


Mir scheint, je mehr Hüllen hitzebedingt fallen, desto öfter gehen Mitmenschen automatisch davon aus, man(n) oder frau wolle bei ihnen damit irgendetwas auslösen. Provozieren, Blicke auf sich lenken und mitteilen: „Guckt mal, wie gut ich aussehe und wie toll mein Körper ist!“. Klar, so etwas DARF man denken und auch sagen. Aber man MUSS es nicht – vielleicht ist einem ja einfach nur warm, wenn man ein leichtes Sommerkleid oder eine kurze Hose trägt. Vielleicht mag man auch den Stil seiner aktuellen Kleidung und fühlt sich darin wohl. Es gibt sogar noch indigene Völker, wo Frauen ständig „oben ohne“ rumlaufen und brasilianische Tänzerinnen, bei denen Glitzer, bunte Farben und knappe Kleidung einfach ein Ausdruck von Lebensfreude und ihrer ureigenen Sambakultur sind. Übrigens: Auch die Männer sparen in diesen Kulturen an Stoff. Ist irgendwie normal – stört sich keiner dran.





Sowohl beim Anblick eines Tangas als auch bei einer nackten Frauenbrust (selbst wenn’s nur beim Stillen ist!) bekommt man hierzulande jedoch Schnappatmung oder Stielaugen. „Vollständig angezogen“ ist eben immer auch eine Kulturfrage, das möchte ich gar nicht bewerten. Eine Sache habe ich jedoch von meiner ehemaligen Zumba-Trainerin, einer waschechten Brasilianerin, durchaus schon zu hören bekommen: „In Brasilien denkt man gar nicht so viel über seinen Körper nach. Man freut sich, dass man ihn hat“. Für sie müssen wir deutschen Damen in Sachen Körperbild geradezu ängstlich und prüde sein.


Letztens las ich auf XING einen sehr spannenden Beitrag über „Cat-Calling“ – also über sexuelle Anspielungen, Pfiffe, bohrende Blicke und „zufällige“ Berührungen durch Fremde in der Öffentlichkeit. Und ich weiß wirklich nicht, warum diese „Cat-Caller“ so einen Hype um ein etwas knapperes Outfit, die Figur eines Menschen oder etwas nackte Haut machen. Abgesehen davon, dass es einfach schäbiges Verhalten ist, andere Menschen zu Objekten seiner Fantasie abzuwerten und dies auch noch deutlich zum Ausdruck zu bringen. Der Mensch kommt nackt auf die Welt, er ist nackt beim Duschen, beim Umziehen und hin und wieder auch beim Sex. Wenn er denn Lust darauf hat. Aber die Gleichung „Nacktheit = Sex“ geht einfach nicht auf.




Sexappeal wird überbewertet!


Unsere Haut hat eigentlich andere Aufgaben, als unbedeckt „sexy“ auszusehen. Taktile Reize erkennen zum Beispiel und unsere Organe vor Verletzungen schützen. Ebenso wie Brüste evolutionär vor allem als Nahrungsquelle für Säuglinge von der Natur „erdacht“ wurden – egal, ob man nun wirklich stillt, abpumpt oder auf Milchpulver zurückgreift. Brüste zu haben heißt nicht, damit jedem Mitmenschen ins Gesicht springen zu wollen, damit er daran herumgrabscht. Klar haben Po und Brüste, Körper generell, auch erotische Nebenfunktionen – aber zum Überleben braucht der Einzelne zunächst ganz andere Dinge als Sex.


Ich bin einmal ganz offen an dieser Stelle – je mehr man mir aufdrängen will, mich „sexy“ zu kleiden, desto weniger habe ich Lust darauf.Was habe ich denn davon, wenn mir wildfremde Leute auf der Straße hinterherschauen und gar noch blöde Anmachsprüche vom Stapel lassen? Solche übrigens, die schon so durchgekaut sind wie ein alter Hubba-Bubba-Kaugummi aus den frühen 2000-ern. Und andersherum: Warum sollte ich mir als Frau mit „Dellen, Macken und Fehlern“ anhören wollen, was ebenso fremde Personen an meinem Körper zu kritisieren haben? Um es mit einem klaren englischen Mantra zu sagen: My body is not your business. Wer ein Problem hat mit dem, was er sieht, soll es behalten und einfach weitergehen.




Jetzt bleibt doch einfach mal cool!


In einer Kolumne über Bodyshaming las ich kürzlich folgendes Statement: „Ich zeige meinen Körper nicht, ich habe ihn nur“. Genauso sehe ich das auch. Ich will nicht „sexy“ sein, sondern einfach nur ich. Im Sommerkleid, im Badeanzug oder auch in dieser wunderbar luftigen Leinenhose mit einer bunten Oversize-Tunika. Das darf man attraktiv finden oder auch vollkommen langweilig oder anmaßend. Auf jeden Fall: Bleibt cool, Leute – die Sommertemperaturen heizen einen schon genug auf. Vielleicht auch ein Grund, warum so manchem Cat-Caller mit Stielaugen und so mancher Lästerschwester hin und wieder eine Sicherung durchbrennt. So eine überhitzte Festplatte kann einen schon ziemlich schachmatt setzen. Aber bevor es zu schlimm wird: Schattenplätzchen suchen und bei einer Kugel Eis wieder runterkühlen. Dann werden die Mitmenschen mit ihren ganz normalen Körpern, die sie eben haben, auch wieder erträglicher.


Wie ist das bei euch - fühlt ihr euch durch all dise Ratschläge für einen "sexy Sommerkörper" unter Druck gesetzt oder gehen euch diese eher an eurem ungebräunten Hintern vorbei? Und was sind eure typischen Wohlfühloutfits für die warme Jahreszeit?


Sonnige Grüße

Eure Cat

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