„Wem der Schuh passt, der zieht ihn an“ – ein Sprichwort, das sich vor allem an Menschen richtet, die unerwartet beleidigt oder aggressiv auf eine eigentlich nüchtern und sachlich getroffene Aussagen reagieren. Es ist sicher auch als Denkanstoß zu verstehen, warum man sich persönlich von irgendeiner nicht gezielten Aussage einer anderen Person auf die Füße getreten fühlt. Ob barfuß oder eben mit Schuhen. Man kann diesen Satz natürlich auch einfach einmal wörtlich nehmen und das werde ich nun auch tun. Denn in diesem Text geht es tatsächlich um Schuhe und Frauenfüße.
„Ruckedigu, Blut ist im Schuh!“
Kinder lieben Märchen – und viele Mädchen vergöttern Prinzessinnen. Eine Phase im Leben, die sich bei fast ebenso vielen im Lauf des Lebens wieder auswächst. Im Leben meiner Tochter (gerade sechs Jahre alt geworden) dreht sich eigentlich alles um Barbies, Prinzessinnen, Kleider, Schminken, Pferde und weitere typisch „weibliche“ Themen. Die Barbie-Meerjungfrau muss unbedingt mit in die Wanne, die Rapunzel-Puppe gekämmt werden und natürlich sind Jeans generell seit zwei Jahren „Bäh“ und „nur für Jungs“.
Einerseits erstaunt mich das ein wenig, da ich es ihr normalerweise anders vorlebe. Andererseits ist eben auch typisch für Mädchen, die mit anderen Mädchen in ihrer Kita und Schule lange in einer fantastischen Märchenwelt gelebt haben. Jedenfalls schauen wir uns zurzeit immer kurze Märchenvideos an – unter anderem „Cinderella“, bei der das Erkennungsmerkmal für den strahlenden Prinzen eben der Tanzschuh ist, in den auch allein ihr zartes Füßchen hineinpasst. Cinderellas Schwestern hingegen versuchen, sich selbst Zehen abzuschneiden und einen Teil der Ferse abzuhacken, um in den magischen Schuh zu passen. Hier ist übrigens noch ein modernes, eher satirisches Beispiel für ungesunde Fußverstümmelung aus der Serie „The IT Crowd“.
Eine sehr schmerzhafte Vorstellung, gar eine Verzweiflungstat – den Prinzen bekommen sie am Ende dann doch nicht. Na gut, wer falsch spielt und seine eigene Schwester ständig emotional misshandelt, sollte wohl auch nicht Königin werden – zumindest ist dies eine mögliche Moral von der Geschichte. Meine persönliche Erkenntnis aus vielen Märchen hingegen ist: Nicht nur im Märchen tun Frauen einige ziemlich bescheuerte Dinge mit ihren Körpern, um „schön“ und „erfolgreich“ zu sein. Natürlich für den einen Mann, der ihnen dann ein komfortables Leben zu bieten. In früheren Zeiten war diese Tendenz natürlich noch viel ausgeprägter und die Art der Selbstverstümmelung für ein Schönheitsideal nahm weit extremere Formen an. Unter anderem, wenn es um das ideale Aussehen eines Frauenfußes ging – weitere Beispiele folgen an anderer Stelle.
Viel Aufwand für den femininen Gang
Aber wie komme ich nun speziell auf Füße? Weil meine „Quadratlatschen“ für mich oft immer noch die körperliche „Problemzone“, die ich kaum ändern kann. Bei allem, was ich schon an mir zu akzeptieren gelernt habe, bleiben meine großen, breiten Füße, Fesseln und Waden ein Punkt, an dem es mit der Selbstliebe oftmals hakt. Ein einschneidendes Erlebnis für mich war der Besuch in einem Schuhladen mit 19 mit dem Ziel, mit einer Schuhgröße von (damals) 42 oder 43 schicke Schuhe für den Abiturball zu finden. Inzwischen, mehr als 15 Jahre und zwei Schwangerschaften später, bin ich bei Größe 44/45 angekommen (je nach Schnitt und Fabrikat). Heute darf ich meinem jüngeren Ich sagen: „Deine Füße sind nicht falsch – es gibt nur zu wenig Auswahl für deine Größe“. Und wenn ich könnte, würde ich magische, transformierbare Schuhe für jede Frau erfinden. Schuhe, die automatisch passen - ein wenig wie bei Cinderella. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich jeder Frau versichern: „Warte ab, du wirst immer Schuhe finden, die dir passen. Du bist auch nicht weniger Frau, wenn du Turnschuhe oder Trekkingsandalen an den Füßen trägst“.
Mein Verhältnis zu Schuhen war immer irgendwie kompliziert – eine Art Hassliebe. Einerseits wollte ich mich schick kleiden, modische Modelle, feminin und am liebsten mit Farbe, Glitzer und teilweise auch Absatz. In schicken, „femininen“ Schuhen fühlte ich mich einfach immer selbstsicherer, schöner und auch die Füße ließen sich oft ein wenig kleiner tricksen. Zumindest optisch. Andererseits habe ich halbwegs bequemes und gut passendes Schuhwerk in größeren Damengrößen oft schwierig gefunden oder mit der Zeit doch gemerkt, dass sich Designerinnen und Designer von Damenschuhen eben oftmals weniger Gedanken um den „Wohlfühlfaktor“ als um das Äußere ihrer Schöpfungen machen. Richtig gut sitzende Schuhe mit Sexappeal und Chic sind zwar auch für „Großfußindianerinnen“ erhältlich, oftmals aber eben teurer und mit Hindernissen.
Ich will mich gar nicht beklagen - auch Textilproduzenten müssen wirtschaftlich denken und sich auf die Zielgruppen konzentrieren, die ihnen am meisten Gewinn einbringen. Und das ist natürlich die „Durchschnittskundin“ mit einer Größe zwischen 38 und 41. Tatsächlich haben es Menschen mit sehr kleinen Füßen eben auch schwerer. Wie eine ehemalige Nachbarin, die ihre Ballerinas immer in der Kinderabteilung suchen musste.
Einfach nur irre: Folter für kleinere Füße
Füße – das sind doch diese Körperteile mit je fünf Zehen, die die Nachfahren der Hinterpfoten beim Menschen sind und die uns unter anderem mit den aufrechten Gang ermöglichen. Warum auch immer die Evolution diesen für uns vorgesehen hat. Zumindest wäre das die einfachste Definition für die Funktion von Füßen. Ganz so einfach ist es leider nicht – die westlichen Industriestaaten haben nämlich eine kollektive Obsession für das Aussehen von Frauenfüßen. Bei Männern scheint es kaum jemanden zu jucken, wie die abgeflachten Hinterpfoten aussehen.
Jeder, der schon einmal Beautyportale im Internet durchgeschaut hat oder eine Frauenzeitschrift, weiß das. Tipps zur Pediküre, die neuesten Knallfarben für die Zehennägel, die „perfekten Sommerfüße“ für die Sandalensaison und Werbung für Schuhe in allen Farben und Formen. Nicht zu vergessen all die Tipps, die dabei helfen sollen, „Makel“ an den Füßen verschwinden zu lassen. Ein wenig fußmasochistisch bin ich offenbar manchmal auch. Zum Beispiel, wenn ich mich zeitweise zu einem bestimmten Anlass in diese eigentlich unbequemen Spitzenpumps hineinzwinge und einfach so tue, als seien sie bequem genug. Um dann den „Cinderella-Pantoffel“ im Auto wieder gegen Turnschuhe oder flache Sandalen zu tauschen. Wer mit hohen Absätzen und dünnen Riemchen in einen Unfall verwickelt wird, hat wegen unpassenden Schuhwerks vielleicht sowieso mehr Ärger als nötig an den Hacken. Und wer kennt nicht diese klassische Situation während einer durchtanzten Disconacht: Füße schmerzen trotz zusätzlicher Polster - also ab aufs Klo und ganz nonchalant einen „Reifenwechsel“ mit den gemütlichen Sandalen durchführen?
Welchen Aufwand man als Frau betreibt, um nach den Standards der Gesellschaft gut auszusehen, ist schon manchmal seltsam. Aber lange nicht so irre wie manche vergangene Tradition, die Frauenfüße geradezu verstümmelte. Für den tänzelnden, gestreckten und etwas fragil wirkenden Gang, den wir oft mit Absätzen ins Leben rufen, wurde in manchen asiatischen Ländern z-B. in früheren Zeiten schon in der Kindheit gesorgt. Man brach kleinen Mädchen die Fußknochen und band ihnen die Füße sehr eng ab, damit diese nicht zu groß und „unansehnlich“ wuchsen und damit sie den als attraktiv geltenden, „trippelnden“ Gang automatisch lernten.
Auch im europäischen Raum mag es hier recht barbarisch anmutende Praktiken zur Körperformung von Mädchen und Frauen gegeben haben – s. Stahl- und Knochenkorsett. Für die Füße ist das Beispiel aus China allerdings das bekannteste. Mein inneres Kind vergießt bei dem Gedanken an Mädchen, denen für ein Schönheitsideal solche Schmerzen und Verstümmelungen zugefügt werden, ehrliche Tränen aus Mitgefühl. Ich habe mir schließlich auch schon einmal unfreiwillig einen Fuß und einen Zeh gebrochen und weiß, wie einschränkend und schmerzhaft sich das anfühlt. Von diesem Punkt aus sind wir dann nicht mehr weit entfernt von dem Teil in „Aschenputtel“, in dem sich die Stiefschwestern einen Zeh und eine Ferse abhacken, um in den Schuh zu passen und als Prinzessin reich zu werden. In einem Wort: Autsch.
Respekt für Frauenfüße – was ich mir wünsche
„Wer schön sein will, muss leiden.“ Wirklich? Nein, dem stimme ich heute absolut nicht mehr zu. Unsere Füße tragen uns schließlich den ganzen Tag durch die Gegend, andauernde Schmerzen sollten uns ein Warnsignal sein, um etwas zu ändern. Frauenfüße müssen nicht „irgendwie aussehen“, um ihre Funktion zu erfüllen. Vor allem nicht klein und zierlich, wenn dies der sonstigen Statur einer Person widerspricht. Diese Erkenntnis war und ist für mich ungeheuer befreiend. Hier eine kleine „Wunschliste“, was Frauenfüße wirklich brauchen:
· Gut passendes, schickes und preislich erschwingliches Schuhwerk, vor allem für sehr „bewegte“ Tage;
· hin und wieder eine Pediküre, wenn die Trägerin der Füße dies zu ihrem Wohlbefinden tut;
· Respekt und Anerkennung für die „tragende Rolle“, die sie jeden Tag im Leben eines Menschen spielen;
· Verzicht auf jegliche absichtliche Deformierung und unnötige Einschränkung im Wachstum;
· manchmal eine Pause mit Fußbad, Venencreme, Kreisen und Zehenbewegungen.
Und wenn sich wieder einmal jemand über das Aussehen eurer Füße oder das Aussehen fremder Frauenfüße mokiert, fragt die Person doch einmal, ob sie das bei Männern ebenso sieht. Zumindest bringen mich die Reaktionen darauf inzwischen ziemlich zum Schmunzeln. A propos Männer: Viele Kleidungsstücke, bei denen es auf Länge, Alltagstauglichkeit und Komfort ankommt, kaufe ich inzwischen in der Herrenabteilung. Dazu gehören klar auch Sneakers und flache Winterstiefel, Badeschlappen und Trekkingsandalen. Zumindest passen mir dann die Schuhe und die Herren gehen oft sehr viel gelassener mit „großen“ Frauen in „ihrem“ Revier um als Verkäuferinnen in einer Damenboutique.
Welche Erfahrungen habt ihr als Frauen gemacht, die „auf großem Fuß“ leben und was ist euer Geheimtipp für wirklich gut sitzende, erschwingliche und schicke Schuhe? Ich bin gespannt!
Eure Cat
Comments